Du wolltest schon immer mal ein Instrument spielen, hast Dich aber davon abschrecken lassen, dass Du keine Noten lesen kannst?
Zugegeben, dieses Wirrwarr an Linien, Punkten und Buchstaben kann wirklich verwirrend und fremd erscheinen. Hast Du aber einmal die Basics kennengelernt, wirst Du merken, dass es gar nicht so kompliziert ist und wirklich Spaß machen kann.
Im folgenden Text werde ich Dir diese Basics von Grund auf erklären und Dir auch einige Tipps an die Hand geben, wie Du zügig und mit Spaß lernen kannst Noten zu lesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Notensystem besteht aus fünf Linien und gegebenenfalls weiteren Hilfslinien.
- Je nach Instrument gibt es drei verschiedene Notenschlüssel: Violinschlüssel, Bassschlüssel und Bratschenschlüssel.
- Alles baut auf sieben Grundtönen auf: c, d, e, f, g, a und h.
- Pausen sind genauso wichtig und variabel wie die Töne selbst.
- Mit Vorzeichen kann man Noten zwischen den sieben Grundtönen notieren.
- Jede Tonart hat eine bestimmte Anzahl an Vorzeichen.
- Man lernt am besten, indem man Lesen, Hören, Schreiben und Spielen miteinander verbindet.
Wie funktioniert unser Notensystem?
Bevor ich Dir Tipps an die Hand gebe, wie Du am schnellsten das Notenlesen lernst, gebe ich Dir hier erstmal eine Einführung in die Grundzüge unseres Notensystems und wie man diese grundlegenden Regeln und Symbole nutzt.
Grundelemente unserer Notation
Beginnen wir zunächst einmal damit, wie unser Notensystem aufgebaut ist und was die ganzen Linien und Punkte überhaupt zu bedeuten haben. Diese theoretische Grundlage brauchen wir, um überhaupt mit dem Lesen anfangen zu können.
- Liniensystem
- Notenschlüssel
- Notenelemente und der Wert einer Note
- Takt und Taktangaben
- Die sieben Grundtöne C-B(H)
- Pausen – die stummen Noten
- Halbtöne und Versetzungszeichen
- Tonarten und Intervalle
- Irreguläre Teilungen von Notenwerten
Das Liniensystem
Wir tragen unsere Noten immer auf einem System aus fünf übereinander liegenden Linien ein. Diese funktionieren wie eine Zeile eines normalen Texts und werden auch genauso von links nach rechts gelesen.
Innerhalb dieser fünf Linien kann eine Note auf einer Linie oder in einem Zwischenraum liegen. Je höher die Note liegt, desto höher klingt sie auch. Passt ein Ton nicht mehr in diese fünf Linien, weil er zu hoch oder zu tief ist, werden kleine Hilfslinien für die entsprechende Note eingezeichnet.
Wie Du sicher weißt, klingen verschiedene Instrumente teils in extrem unterschiedlichen Tonhöhen. Ein Kontrabass klingt beispielsweise viel tiefer als eine Querflöte. Dieser Unterschied ist so deutlich, dass auch mit Hilfslinien keine Chance mehr besteht beide im selben Notensystem zu beschreiben. Hierfür brauchen wir unsere Notenschlüssel.
Die Notenschlüssel
Der Notenschlüssel steht immer am Anfang jeder Zeile und sieht meist aus wie eine kunstvolle Verzierung. Er legt die genaueren Parameter fest, wie die darauffolgenden Noten gelesen werden müssen.
Der bekannteste ist der Violinschlüssel, gefolgt vom Bassschlüssel und manchmal sieht man auch den Alt- oder Bratschenschlüssel. Im weiteren Text werde ich für Beispiele den Violinschlüssel nutzen, Du solltest Dich also vorher erkundigen, in welchem Schlüssel Dein Instrument geschrieben wird, und im Zweifelsfall die Beispiele umschreiben. Wer Klavier spielt, muss leider sowohl Violin- als auch Bassschlüssel können. Die meisten anderen Instrumente nutzen nur einen der drei.
Wichtig ist zu verstehen, dass der Notenschlüssel weder die prinzipielle Schreibweise, noch die Reihenfolge oder den Abstand der Noten verändert, sondern nur die Position der einzelnen Töne um ein festgelegtes Maß nach oben oder unten schiebt.
So wird der Violinschlüssel auch G-2-Schlüssel genannt, da er das G auf der zweiten Linie festlegt. Gezählt wird dabei immer von unten. Der Bassschlüssel heißt auch F-4-Schlüssel, weil hier das F auf der vierten Linie festgelegt ist. Aus denselben Gründen wird der Bratschenschlüssel auch C-3-Schlüssel genannt. Wenn das für Dich jetzt wie Fachchinesisch klang, keine Angst – weiter unten erkläre ich Dir alle unsere Noten, dann ist Dir das Fachchinesisch schon vertrauter.
Notenelemente und der Wert einer Note
Eine Note besteht aus einem Notenkopf, einem -hals und einer -fahne, die im Zusammenspiel den Wert einer Note angeben, also wie lange diese gehalten wird. Nicht immer besitzt eine Note alle drei dieser Elemente, je nach Notenwert bestehen manche lediglich aus dem Kopf und andere haben sogar gleich mehrere Fahnen.
Befinden sich mehrere Noten mit Fahnen hintereinander, werden die Fahnen nicht mehr als solche gezeichnet, sondern in Form eines oder mehrerer Balken miteinander verbunden. Eine Liste aller Notenwerte findest Du hier in der Tabelle.
Bezeichnung | Länge | Notation | Beispiel |
---|---|---|---|
Ganze Note | 4 Schläge, bei anderer Taktart auch genutzt als “einen Takt lang” | Notenkopf nicht ausgefüllt; weder Notenhals, noch eine Fahne | |
Halbe Note | 2 Schläge | Notenkopf nicht ausgefüllt; mit Hals, aber ohne Fahne | |
Viertel | 1 Schlag | Notenkopf ausgefüllt; mit Hals, aber ohne Fahne | |
Achtel | 1/2 Schlag | Notenkopf ausgefüllt; mit Hals und einfacher Fahne | |
Sechzehntel | 1/4 Schlag | Notenkopf ausgefüllt; mit Hals und doppelter Fahne | |
Zweiunddreißigstel | 1/8 Schlag | Notenkopf ausgefüllt; mit Hals und dreifacher Fahne | |
Punktierte Noten | Anderthalbfacher Notenwert der Note vor dem Punkt | Beliebige Note mit einem Punkt dahinter |
Takt und Taktangaben
Der Takt hat einen sehr großen Einfluss auf ein Stück, vor allem auf Betonung und Rhythmus. Jeder Takt eines Stückes wird mit einem sogenannten Taktstrich vom nächsten Takt abgetrennt. Das ist eine dünne, senkrechte Linie, die alle fünf Notenlinien schneidet. Um welche Taktart es sich handelt geben die beiden Zahlen hinter dem Notenschlüssel an, die wie ein Bruch gelesen werden.
Die häufigste Taktart ist der Viervierteltakt, bei dem ein Takt aus vier Schlägen besteht. Häufig sieht man aber auch einen 3/4-Takt, 2/4-Takt oder ausgefallenere Dinge wie 5/4-Takt, 6/8-Takt und viele weitere. Im Bild siehst Du ein paar Beispiele wie eine solche Angabe aussieht.
Wichtig ist, dass ein Takt immer mit der jeweiligen Anzahl an Schlägen aufgefüllt werden muss, sei es durch Noten oder durch Pausen. Bei einem Viervierteltakt müssen also vier Schläge gespielt werden, bevor der nächste Takt beginnt, bei einem Dreivierteltakt sind es drei, bei zwei Vierteln zwei und so weiter.
Manchmal wirst Du auch statt der zwei Zahlen ein “C” finden. Das ist einfach eine andere Schreibweise für den Viervierteltakt. Ist es durchgestrichen, ist damit sozusagen die Hälfte des Cs gemeint, also ein Zweivierteltakt.
Auftakte
Die einzige Ausnahme, bei der ein Takt nicht aufgefüllt wird, ist bei einem sogenannten Auftakt. Dieser steht am Anfang des Liedes und besteht meist aus einem Schlag, manchmal aber auch aus zwei oder nur einem halben. Er steht noch vor Takt eins und wird daher nicht als eigener Takt gezählt.
Häufig werden die fehlenden Schläge mit einem weiteren unvollständigen Takt ganz am Ende des Liedes aufgefüllt, sodass beide zusammengezählt wieder einen kompletten Takt ergeben. Eine zwingende Regel ist das aber nicht.
Wiederholungen
Sollen gewisse Passagen wiederholt werden, müssen diese nicht zweimal aufgeschrieben werden. Man nutzt hierfür Wiederholungszeichen, die aussehen wie ein doppelter Taktstrich mit einem Doppelpunkt davor oder dahinter.
Steht der Doppelpunkt hinter dem doppelten Taktstrich, markiert er den Anfang der zu wiederholenden Passage. Steht der Doppelpunkt vor den Taktstrichen, zeigt dieser den Endpunkt der Passage an. Kommt man beim Spielen also an letzterem Symbol an, wird sofort am eröffnenden Symbol wieder weitergespielt. Ist man zum zweiten Mal an der Wiederholung angelangt, kann diese ignoriert werden, es sei denn eine andere Wiederholungsanzahl steht explizit darüber.
Sollte kein öffnendes Symbol vorhanden sein, wird zum Anfang des letzten entsprechend markierten Sinnabschnitts gesprungen. Häufig ist das der Anfang des Stücks. Wiederholungszeichen dürfen immer nur am Anfang oder Ende eines Takts stehen, nie mittendrin.
Die Tonleiter
Die Grundlage aller Töne in unserem Notensystem ist die sogenannte Tonleiter. Sie ist wie eine Art Treppe aus sieben verschiedenen Tönen, an deren Ende wieder der erste Ton steht. Ihre Bezeichnungen entsprechen glücklicherweise der Reihenfolge des Alphabets von A bis G. Spielt man also “a, b, c, d, e, f, g”, erklingt eine reine Tonleiter. Zumindest in der Theorie. Wo diese Töne im Violinschlüssel in das Notensystem eingetragen werden, siehst Du in der Abbildung.
Dir wird sicherlich aufgefallen sein, dass dort ein “h” steht, wo eigentlich “b” stehen sollte. Das ist leider eine unglückliche Unregelmäßigkeit, die so auch nur bei unserer deutschen Schreibweise besteht. Fast alle anderen Länder bezeichnen diesen Ton weiterhin als “b”. Wie das entstanden ist, erkläre ich Dir weiter unten.
Auch wenn das verwirrend erscheint, keine Angst. Wir werden noch genug darauf zurückkommen, wenn ich Dir ein paar andere Grundlagen erklärt habe. Merke Dir einfach, dass der Ton “b” in der Tonleiter bei uns “h” heißt. Für den Rest des Textes werde ich diesen Ton auch als “h” bezeichnen, damit keine Verwechslungsgefahr besteht.
Pausen – die stummen Noten
Neben den normalen, klingenden Noten, spielen auch die Pausen eine große Rolle und können wichtige Effekte haben. Genauso wie ihre klingenden Schwestern haben auch sie verschiedene Werte. Alle unterschiedlichen Pausenwerte findest Du in der folgenden Tabelle.
Bezeichnung | Länge | Notation | Beispiel |
---|---|---|---|
Ganze Pause | 4 Schläge, meist aber einfach “einen Takt lang” | Kurzer Balken; an der vierten Linie hängend | |
Halbe Pause | 2 Schläge | Kurzer Balken; auf der dritten Linie liegend | |
Viertel Pause | 1 Schlag | Verschnörkelte, senkrechte Linie | |
Achtel Pause | 1/2 Schlag | Kleiner Punkt mit dünnem Fähnchen | |
Sechzehntel Pause | 1/4 Schlag | 2 kleine Punkte übereinander; die dünnen Fähnchen verbinden sich mit einander | |
Zweiunddreißigstel Pause | 1/8 Schlag | 3 kleine Punkte übereinander; die dünnen Fähnchen verbinden sich ebenfalls | |
Punktierte Pausen | Das Anderthalbfache des jeweiligen Pausenwerts | Punkt hinter einer beliebigen Pause |
Halbtöne und Versetzungszeichen
Ohne weitere Hilfen können in unserem Notensystem erstmal nur die vorhin gezeigten sieben Grundtöne dargestellt werden. Es gibt allerdings noch mehr Töne dazwischen, die wir mithilfe von sogenannten Vorzeichen oder Versetzungszeichen angeben. So erweitern wir unser Repertoire von sieben auf zwölf unterschiedliche Töne.
Ist ein entsprechendes Vorzeichen angegeben, wird der Ton um einen Halbton nach oben oder unten verschoben. Er landet damit sozusagen auf halbem Wege zum nächsten Ton. Ein # (gesprochen als “Kreuz”) verschiebt den Ton nach oben, ein b nach unten. Angegeben werden sie entweder direkt vor der entsprechenden Note, oder am Anfang einer Zeile vor der Taktangabe. Steht es direkt vor der Note, gilt es nur für die Dauer des Taktes, während es vorne für die gesamte Zeile gilt und abhängig von der Tonart ist. Dazu aber später mehr.
Dopplungen
Dieses System aus Vorzeichen sorgt dafür, dass einige Töne auf zwei unterschiedliche Arten angegeben werden können. In den meisten Fällen liegt zwischen zwei benachbarten Grundtönen ein sogenannter Ganztonschritt. Mit einem Vorzeichen können wir diese nun um einen Halbtonschritt nach oben oder unten schieben. Heben wir also den unteren der Nachbartöne an und senken den oberen ab, treffen sie sich auf der gleichen Note in der Mitte.
Beispielsweise klingt ein Gis (ein G, das mit einem Kreuz einen Halbton erhöht wurde) genauso wie ein As (ein A, das mit einem b einen Halbton herabgesetzt wurde), ein Cis wie ein Des und ein Dis wie ein Es.
Ausnahmen
Es wäre ja auch zu langweilig, wenn diese Merkmale überall gleichermaßen zuträfen. Auf einer Klaviertastatur ist Dir sicherlich schon einmal die Unterteilung in schwarze und weiße Tasten aufgefallen. Wie Du Dir wahrscheinlich denken konntest, sind die weißen Tasten die Grundtöne und mit den schwarzen Tasten spielt man die Halbtöne dazwischen. Es gibt aber nicht zwischen allen weißen Tasten auch eine schwarze. Hier fehlt also etwas.
Das Problem liegt darin, dass nicht zwischen allen Grundtönen ein Ganztonschritt liegt. Es gibt zwei Ausnahmen, bei denen bereits zwischen den Grundtönen nur ein Halbton liegt und dadurch kein zusätzlicher Ton mehr dazwischen passt. Das hat Auswirkungen auf die Verwendung von Vorzeichen.
Wie Du in der Abbildung bereits gesehen hast, befinden sich diese Halbtonschritte zwischen H und C und E und F. Das heißt allerdings nicht, dass vor diese Noten keine Vorzeichen gesetzt werden dürfen. Im Gegenteil, sie sind sogar Teil der festen Vorzeichen einiger Tonarten. Wichtig ist in dem Fall nur zu verstehen, dass an diesen Stellen kein zusätzlicher Zwischenton existiert. Ein His ist also ein C, ein Ces ein H, ein Eis ist ein F und ein Fes klingt als E.
Die Sache mit dem H, dem B und dem b
Ich habe Dir ja schon erklärt, dass die Note, die im internationalen Raum “b” genannt wird, bei uns in Deutschland “h” heißt. Leider wird es hier noch komplizierter, wenn die Vorzeichen dazu kommen. Schreibt man vor ein H nämlich das Vorzeichen b, vermindert man den Ton und erhält die Note, die bei uns im Deutschen “b” genannt wird. Dieses deutsche “b” sollte dem Namenssystem bei den anderen Tönen nach eigentlich “hes” heißen, da wir das H absenken. Ist aber leider nicht so.
Um es absichtlich verwirrend auszudrücken, könnte man sagen, dass ein B mit einem b davor im Deutschen “b” heißt. Das ursprüngliche B heißt im Deutschen aber eben nicht B, sondern h. Das deutsche “b” wird im englischen zum Beispiel “b-flat” genannt. Du wirst es Dir leider einfach merken müssen, wie diese Noten im Deutschen genannt werden.
In der Abbildung weiter oben siehst Du ganz genau, welcher Ton nun wie heißt – zumindest in unserer deutschen Schreibweise.
Tonarten
Verschiedene Stücke basieren häufig auch auf unterschiedlichen Tonarten, welche jeweils eine eigene Tonleiter als Basis haben. Wie, wann und wo welche Tonart benutzt wird, geht bereits tief in die Kompositionslehre und würde hier den Rahmen sprengen. Ich werde aber trotzdem versuchen Dir eine kurze Einleitung zu geben.
Die Tonleiter ohne Vorzeichen, mit der wir bisher gearbeitet haben, ist die Basis von C-Dur oder a-moll. Dur ist tendenziell beliebter als moll, weswegen die besagte Tonleiter auch meist auf C begonnen wird anstatt auf a. Das ist zwar nicht mehr so schön alphabetisch, ist aber einfach eine Gewöhnungssache und ändert an den Tönen selbst nichts. Erst in der Kompositionslehre wird die Unterscheidung zwischen Dur und moll wirklich relevant.
Abgesehen von C-Dur und a-moll haben alle anderen Tonarten zwischen ein und sechs Vorzeichen, wobei es immer entweder Kreuze oder bs sind. Gemischt werden die Vorzeichen nie. Warum die Tonarten ihre jeweiligen Vorzeichen haben, gehört wieder in den Bereich der Kompositionslehre und ist nicht wichtig für das Lesen der Noten. Welche das sind, kannst Du aber hier sehen:
Der Unterschied zwischen Dur und moll
Du fragst Dich vielleicht, warum es überhaupt Dur und moll gibt, wenn doch jede moll-Tonart auch ein entsprechendes Dur-Pendant mit denselben Vorzeichen hat und umgekehrt. Das hat kompositorische und klangliche Unterschiede, die hier auch wieder zu weit gehen.
Relevant ist aber, dass Du den Unterschied hören kannst. Eine moll-Tonart und damit auch ein Song, der in moll geschrieben ist, klingen meist etwas traurig, melancholisch oder bedrückt. Eine Dur-Tonart klingt hingegen aufgeweckter und fröhlicher. Natürlich ist das alles relativ und Ausnahmen gibt es immer, aber in den meisten Fällen ist der Unterschied tatsächlich deutlich hörbar.
Intervalle
Ein wichtiger Schritt um wirklich gut Noten lesen zu können besteht darin, nicht mehr die Noten selbst, sondern ihre Verhältnisse zueinander zu lesen, ähnlich wie wir es auch beim Lesen tun, indem wir nur die ersten und letzten Buchstaben eines Wortes lesen und unser Gehirn den Rest ausfüllt. Dazu aber später mehr. Hier möchte ich Dir erstmal ein wichtiges Werkzeug dafür zeigen – Intervalle.
Bei Intervallen verhält es sich ähnlich wie mit den Tonarten, denn es steckt extrem viel Potenzial dahinter, wovon vieles allerdings wieder sehr weit in die Kompositionstheorie geht. Darum kannst Du Dich dann zu gegebener Zeit kümmern. Für den Anfang zeige ich Dir erstmal nur, welche Intervalle es gibt, und wie Du sie nutzen kannst, um besser Noten zu lesen.
Wie Du Intervalle bestimmst
Intervalle beschreiben nichts anderes als den tonalen Abstand zwischen zwei Noten. Um sie zu bestimmen, zählst Du also einfach wie viele Noten zwischen den beiden Noten liegen, deren Abstand Du bestimmen möchtest. Auf dem Klavier kannst Du hierfür die weißen Tasten zählen und auf Notenpapier zählst Du einfach jeden Schritt. Mit der Zeit wird es Dir aber auch im Kopf leichter fallen.
Ganz wichtig ist hierbei nur, dass Du Deinen Ausgangs- und Endton beide mitzählst. Das ist zwar zunächst etwas komisch, weil wir es gewohnt sind den Ausgangspunkt nie mitzuzählen, aber Du wirst es relativ schnell verinnerlichen. Bei zwei direkt nebeneinander liegenden Noten solltest Du also auf zwei Ganztonschritte kommen. Die Halbtöne kannst Du hier ruhig erstmal außer Acht lassen.
Verwendet werden vorwiegend Intervalle zwischen zwei und acht Schritten. Sie heißen Sekunde, Terz, Quarte, Quinte, Sexte, Septime und Oktave. Vor allem Terz und Oktave, sowie Quinten werden meist als sehr harmonisch empfunden und kommen daher häufig vor.
In der Musiktheorie wird an diesem Punkt noch eine sogenannte Feinbestimmung über die Halbtonschritte vorgenommen. Da wir beim Notenlesen aber eine festgelegte Tonart haben und nicht komponieren wollen, ist eine solche Unterscheidung für uns hinfällig – sie wird uns durch die Angabe der Vorzeichen sowieso abgenommen.
Irreguläre Teilung von Notenwerten
Die normalen Notenwerte hast Du ja bereits kennengelernt. Um allerdings den Rhythmus interessanter zu machen und Passagen ein gewisses Extra zu geben, werden immer wieder sogenannte irreguläre Teilungen wie Triolen, Quintolen, Duolen oder andere verwendet.
Bei einer Triole beispielsweise werden drei Töne gleichmäßig auf die Länge von zwei Schlägen verteilt, sie klingen also absichtlich zwischen den eigentlichen Schlägen des Taktes. Bei einer Duole wird es umgedreht und zwei Töne über die Dauer von drei Schlägen verteilt. Eine Quintole besteht aus fünf Tönen über die Dauer von vier Schlägen.
Notiert werden alle mithilfe einer eckigen Klammer über den Noten und der entsprechenden Zahl darin. Das Ganze geht natürlich auch beliebig schneller, mit Achteln, Sechzehnteln und so weiter. In solchen Fällen wird für die Notierung keine Klammer mehr gebraucht, sondern die Zahl einfach über den Balken geschrieben.
Weiterführende Symbole
Das war alles, was Du für den Anfang an Grundlagen wissen musst und was Dich beim Lernen auch erstmal eine Weile beschäftigen wird. Solltest Du doch noch immer wieder auf Symbole stoßen, mit denen Du nichts anfangen kannst, habe ich Dir hier eine Reihe von weiterführenden Symbolen zusammengestellt. Sie sind nicht unbedingt notwendig für den Anfang, tauchen aber immer wieder in verschiedenen Stücken auf.
Vortragsanweisungen
Es gibt eine ganze Reihe an Symbolen und Zeichen, die sich auf den Vortrag beziehen, also darauf wie genau denn der Spieler eine jeweilige Note spielen soll. Dabei geht es vor allem um Betonung oder Lautstärke.
Betonungen
In der folgenden Tabelle findest Du alle wichtigen Symbole bezüglich der Artikulation einer Note. Du solltest vor allem die Symbole kennen, aber auch die italienischen Namen werden sicherlich nicht schaden, wenn Du mal darüber sprechen willst, ohne immer die Symbole aufmalen zu müssen.
Anweisung | Bedeutung | Symbol |
---|---|---|
Staccato | Ton wird nur kurz gehalten und deutlich angestoßen. Es klingt etwas “kantig” oder “eckig”. | |
Staccatissimo | Ton wird noch kürzer und noch eckiger gespielt als bei staccato. | |
Legato | Bedeutet “gebunden” und wird auch Bindebogen genannt. Die Noten werden ohne eigenes Anstoßen flüssig hintereinander gespielt. | |
Tenuto | Die Töne werden so lange gehalten, wie es die Notation zulässt, und sanft und gleichmäßig angestoßen. | |
Akzent | Der Ton mit dem Akzent wird in der Betonung gegenüber den anderen hervorgehoben. | |
Marcato | Bedeutet “hervorgehoben”. Der Ton wird betont und gleichzeitig kurz gespielt. | |
Tenuto Staccato | Die Töne werden jeweils zunächst in tenuto gespielt, dann aber plötzlich und abrupt abgebrochen. | |
Fermate | Der entsprechende Ton wird beliebig lange gehalten. Meist vorgegeben durch den Dirigenten. | |
Triller | Der Ton wird nicht konstant an einem Punkt gehalten, sondern absichtlich und schnell nach oben und unten schwingen gelassen. Es entsteht ein trällernder Klang. |
Lautstärke
Bei der Lautstärke einer Note gibt es theoretisch unendlich viele Bezeichnungen, jedoch lässt es sich auf ein paar herunterbrechen, die wirklich häufig benutzt werden. Es gibt sowohl Angaben zur reinen Lautstärke, als auch solche zur Dynamik der Lautstärke, und manchmal werden sie auch kombiniert. Du findest sie wieder in der Tabelle.
Anweisung | Bedeutung | Symbol |
---|---|---|
Pianissimo | Sehr leise spielen | |
Piano | Leise spielen | |
Mezzopiano | Relativ leise spielen | |
Mezzoforte | Relativ laut spielen | |
Forte | Laut spielen | |
Fortissimo | Sehr laut spielen | |
Crescendo | Lauter werden. Häufig vorne und hinten mit einer Lautstärkeangabe versehen. | |
Diminuendo | Auch Decrescendo genannt. Bedeutet leiser werden. Häufig an beiden Seiten mit entsprechenden Lautstärkeangaben versehen. |
Atemzeichen
Atemzeichen findet man nur in der Blasmusik, denn dieses Symbol gibt an, wann die Spieler Luft holen sollen. Es sieht aus wie ein Apostroph, nur eben auf Notenlinien. Obwohl es eigentlich keine direkte Angabe für das Spielen selber ist, wird sie meist genutzt, um eine ganz kleine Pause zu markieren.
Diese sollte auch dementsprechend beachtet werden, selbst wenn der Spieler an dieser Stelle noch nicht unbedingt Luft holen muss. Zumindest sollte in einem Ensemble oder Orchester vorher abgesprochen werden, welche Atemzeichen “gespielt” werden und welche nicht.
Tempoangaben
Tempi können auf zwei Arten angegeben sein. Entweder wird eine metrische Modulation angegeben, also eine explizite Zahl der Schläge pro Minute, oder es wird ein umschreibender Begriff genutzt. Letzteres ist etwas freier und im Ermessen des Spielers oder Dirigenten, gibt aber eine ungefähre Richtung vor. Beispiele findest Du erneut in der folgenden Tabelle.
Angabe | Bedeutung | Angabe |
---|---|---|
Direkte Angaben in bpm | Einem bestimmten Notenwert wird ein gewisser bpm-Wert gegeben. Dieser besagt, wie oft dieser Notenwert in eine Minute passen soll. Zum Beispiel eine Halbe Note soll 80 bpm haben. | |
relative metrische Angaben | Ein Notenwert wird mit einem anderen Notenwert gleichgesetzt. Die vorherige Geschwindigkeit ändert sich um das Verhältnis der beiden angegebenen Werte. Zum Beispiel eine Halbe Note ist gleich eine viertel Note. Die Geschwindigkeit wird verdoppelt. | |
Grave | Bedeutet schwer, daher eher ein langsames, getragenes Spielen. | |
Largo | Breit und langsam, aber weniger schwer als Grave. | |
Lento | Langsam, im persönlichen Ermessen des Dirigenten. | |
Adagio | Langsam und ruhig. Häufig verbunden mit Legato. | |
Andante | Gehend oder schreitend, würdevoll und geradlinig. | |
Moderato | Mäßig, aber bewegt und bereits schneller als Andante. | |
Allegretto | Etwas schneller und munterer. Fröhlichere Stimmung. | |
Allegro | Schnell. Ursprünglich munter und fröhlich. | |
Vivace | Auch vivo. lebhaft, lebendig, meist schneller als Allegro. | |
Presto | Sehr schnell und geschwind. |
Voltenklammern
Voltenklammern oder Klammern sind wie eine Art variable Wiederholung. Es handelt sich im Prinzip um eine normale Wiederholung, jedoch werden ein oder sogar mehrere Takte in der Wiederholung übersprungen und durch einen anderen Teil ersetzt.
Angegeben wird das mit einer eckigen Klammer über dem betroffenen Teil und einer Zahl darin. Die Zahl gibt die Nummer der Wiederholung an, in der der eingeklammerte Teil gespielt werden soll. Hinter dem Wiederholungszeichen stehen dann eine oder mehrere weitere Klammern mit dem Teil, der den vorherigen Teil bei den restlichen Wiederholungen ersetzen soll.
Eingebettet in eine Melodie kann das Ganze dann so aussehen:
Sprungmarken
Vor allem bei langen Stücken in der Klassik wird teils sehr weit hin und her gesprungen, sodass Wiederholungen und Voltenklammern alleine nicht mehr ausreichen. Man bedient sich hierfür verschiedener Sprungmarken.
Da capo
Da capo bedeutet so viel wie “vom Beginn”, signalisiert also, dass man das Stück von vorne wieder anfangen soll. Wenn nicht anders besprochen, werden hierbei auch schon gespielte Wiederholungen nochmal vollständig gespielt. Es wird entweder mit “Da Capo” angezeigt, oder “D.C.” abgekürzt.
Dal Segno
Dal Segno bedeutet “vom Zeichen” und zeigt somit an, dass das Stück von einer entsprechend markierten Stelle aus wiederholt werden soll. Diese Stelle wird meist mit oder markiert. Die Stelle, von der aus gesprungen werden soll, wird mit “Dal Segno” oder “D.S.” angezeigt.
Al Fine
Al fine bedeutet “bis zum Ende” und wird meist in Verbindung mit “Da Capo” oder “Dal Segno” verwendet. Auf die Anweisung “Al Fine” hin, wird das Lied entweder bis zum Ende gespielt, oder bis zu einer eigens mit “Fine” markierten Stelle im Lied. Bei der Anweisung “D.C. al Fine” wird das Lied beispielsweise von Vorne wiederholt und dann bis zur “Fine” Markierung gespielt.
Al Coda
Coda bedeutet wörtlich “Schwanz” und wird in der Musik als “Nachspiel” verwendet. Es wird ebenfalls in Zusammenhang mit “Da Capo” oder “Dal Segno” verwendet. Das mit dem Coda-Zeichen oder markierte Nachspiel wird beim ersten Durchgang nicht gespielt. Beim zweiten Durchgang wird dann von einem weiteren Coda-Zeichen aus in das Nachspiel gesprungen und dort das Stück beendet. Wird kein Coda-Zeichen verwendet, kann es auch mit dem Wort “Coda” entsprechend markiert werden.
Auch hier will ich wieder ein Beispiel nennen. Liest man die Anweisung “D.S. al Coda”, springt man zunächst zum D.S.-Zeichen und wiederholt von dort das Lied. Kommt man an das erste Coda-Zeichen, springt man von dort sofort zum zweiten, welches den Einstieg in die Coda markiert. Die Coda wird dann zu Ende gespielt und das Stück ist vorbei.
Mehrtaktige Pausen
Vor allem in einem Orchester kommt es immer wieder vor, dass einzelne Instrumente mehrere Takte lang Pause haben. Um diese nicht ausschreiben zu müssen, gibt es eine erleichterte Schreibweise. Diese besteht aus einem großen, waagerechten Balken mit zwei schmalen, senkrechten Linien an den Seiten. Darüber steht die Anzahl der Takte, für die pausiert werden soll.
Abbreviatur
Eine Abbreviatur wird als Vereinfachung sich häufig wiederholender Takte genutzt. Es sieht aus wie ein “%”, jedoch mit ausgefüllten Kringeln, und zeigt an, dass der Inhalt des vorangegangenen Taktes noch einmal gespielt werden soll. Steht eine Zahl dabei, gibt diese die Anzahl der Takte an, für deren Dauer dieser Teil immer wiederholt werden soll.
Wie lerne ich nun das Notenlesen?
Das war jetzt erstmal sehr viel Theorie, die einen schon ein bisschen erschlagen kann. In diesem Teil will ich Dir nun ein paar Tipps geben, wie Du diese Theorie am besten lernen und auch für Dich nutzen kannst.
Das Notensystem ist wie eine Sprache
Ich denke, es ist sehr hilfreich Dir das Notensystem wie eine Sprache vorzustellen. Eine Sprache, deren Alphabet Du noch nicht kennst, so wie Du wahrscheinlich auch nicht das kyrillische oder altgriechische Alphabet beherrschst. Stelle Dir das Notenlernen wie das Lernen eines neuen Alphabets vor und das Lernen von Taktarten, Intervallen und Artikulationen als Vokabeln und Grammatik.
Wie auch bei einer Sprache lernst Du das Notenlesen nur über Wiederholen und Benutzen, aber vor allem mit Geduld. Es braucht seine Zeit, bis Du flüssig und ohne Zögern Noten lesen und schnelle Stücke vom Blatt spielen kannst, genauso wie Du auch als Kind eine Weile gebraucht hast, bis Du halbwegs flüssig Bücher lesen konntest.
Konzentriere Dich also auf die kleinen Erfolge und bleibe einfach immer dran, auch wenn Du das Gefühl hast es verändert sich nichts.
Lesen, Hören, Schreiben und Spielen miteinander verbinden
Es ist vielfach wissenschaftlich bewiesen, dass man besser lernt, wenn man verschiedene Sinne nutzt und gelerntes in möglichst vielfältiger Weise sofort anwendet. In der Musik kannst Du Dir das hervorragend zunutze machen, und zwar von Beginn an.
Das Lesen, Hören, Schreiben und Spielen von Noten solltest Du immer möglichst miteinander verbinden und so sofort die Verbindung zwischen visuellen und auditiven Reizen, sowie dem Muskelgedächtnis stärken. Konkrete Tipps zur Umsetzung werde ich Dir immer im jeweiligen Absatz geben.
Praktisches Verknüpfen mit dem eigenen Instrument
Du weißt bereits, welches Instrument Du lernen möchtest und hast es vielleicht sogar schon bei Dir zu Hause? Wunderbar, verbinde am besten Deine Übungen zum Notenlesen direkt mit Deinem Instrument, indem Du Dir bei jeder Note auch gleich anschaust, wie sie auf Deinem Instrument gespielt wird, und das dann umsetzt.
Lernen der Noten selbst und ihrer Werte
Um diesen ersten Schritt kommt leider niemand herum. Du wirst die Namen, Positionen und Werte aller sieben Noten mit ihren Halbton-Nachbarn auswendig lernen müssen, bis Du sie sofort erkennen kannst und ein Gefühl dafür hast, wo welche Note liegt.
Ich würde Dir hier eine interaktive Methode mit Karteikarten empfehlen. Zunächst schreibst Du alle sieben Noten in Buchstabenform auf jeweils eine Karteikarte. Dann malst Du Dir Notenlinien auf die Rückseite und zeichnest dort sowohl die Note selbst als auch die benachbarten Halbtonschritte auf. Natürlich zunächst mit Vorlage. Bist Du hiermit fertig, legst Du die Karten auf einen Stapel und mischst sie.
Nun fängst Du an eine Karte nach der anderen zu ziehen und nur ihre Vorderseite zu betrachten. Male Dir parallel dazu Notenlinien auf ein Schmierblatt und fange an, jede gezogene Note aus dem Kopf in das Notensystem einzutragen. Trage auch die Halbton-Nachbarn ein und kontrolliere dann, ob Du richtig liegst. Bevor Du die nächste Karte ziehst, spiele die Note auf Deinem Instrument und danach auch die benachbarten zwei, die Du ebenfalls eingetragen hast.
Hast Du alle Karteikarten durch, schreibe alle Töne nochmal auf, aber diesmal in der richtigen Reihenfolge. Schreibe Noten, die den gleichen Tönen zugeordnet werden, direkt übereinander. So bekommst Du direkt ein Gefühl für den Zusammenhang der Töne untereinander. Wiederhole diese Übung jeden Abend kurz vor dem Schlafengehen und Du wirst in kürzester Zeit Fortschritte sehen.
Nicht übersetzen, sondern in der Sprache denken
Hast Du einmal die einzelnen Noten verinnerlicht, geht es an das wirkliche Lesen und Verstehen von Tönen und ganzen Stücken. Suche Dir aus dem Internet am besten ein paar Passagen aus einfachen Stücken heraus. Willst Du diese Stücke nun lesen, vermeide bitte das Übersetzen jeder einzelnen Note, oder Dir sogar die Buchstaben darunter zu schreiben.
Denke wieder an den Vergleich mit der Sprache. Du wirst eine Sprache nie flüssig sprechen können, wenn Du immer jedes Wort einzeln übersetzt. Um gut zu sprechen, müssen Deine Gedanken direkt in dieser Sprache ablaufen und so die Übersetzungshürde überspringen. Genau das ist es auch, was wir beim Notenlesen erreichen wollen. Eine automatische Assoziation mit den richtigen Griffen und Positionen, sobald Du eine solche Reihe von Punkten ansiehst.
Denken in Intervallen und Bewegung
Natürlich wirst Du auch erstmal einige Noten direkt übersetzen müssen, vor allem am Anfang, aber beiße Dich nicht daran fest. Schaue Dir einmal das Notenbild an, bevor Du anfängst zu Übersetzen. Schaue Dir an, wie die Noten im Verhältnis zueinander verlaufen, wie sie sich mit Takt und Betonung komplimentieren.
Höre Deine eigene Version dessen, was dort geschrieben steht, in Deinem Kopf. Kein perfektes Abbild, aber eine ungefähre Vorstellung, wie das Geschriebene klingen soll. Fühle die Stimmung des Liedes. Hier entsteht die eigentliche Musik, die Noten sind nur das Medium. Nimm Dir einen Moment Zeit dafür, dann schau Dir etwas genauer die Tonverläufe an.
Läufe lesen wie Wörter
Finden sich Läufe wie Teile einer Tonleiter? Gut, übersetze gezielt nur die ersten und letzten Noten dieser Läufe. Lass den Rest einfach so stehen. Dein Gehirn wird sich den Rest erschließen, so wie wir auch Wörter lesen können, indem wir nur den ersten und letzten Buchstaben wirklich ansehen.
Findet sich vielleicht sogar ein längerer Lauf, bei dem aber einzelne Noten fehlen? Versuche Dir den Lauf so zu merken, wie eben beschrieben, und dann präge Dir ein, welche Noten fehlen, welche Griffe oder Tasten Du in diesem Lauf überspringen musst.
Läufe üben
Natürlich musst Du üben, Läufe zu lesen und zu spielen. Das funktioniert am besten ganz ähnlich wie das Lernen der Noten. Du kannst Dir zum Beispiel zwei kleine Stapel aus Karteikarten schreiben, auf die Du jeweils alle sieben Noten in Buchstabenform schreibst. Dann ziehst Du von beiden Stapeln je eine Karte und deckst sie auf.
Schreibe nun die beiden gezogenen Noten in ein Notensystem. Schreibe beide Noten in jeweils zwei Oktaven auf, sodass Du letztendlich vier Noten auf Deinem Blatt stehen hast. Hast Du beispielsweise die Noten G und C gezogen, sollte das Ganze ungefähr so aussehen, wie in Abbildung 16.
Hast Du die Noten aufgeschrieben, verbindest Du diese im Kopf mit einem Lauf und spielst es. Lass Dir dabei Zeit und spiele es einfach in dem Tempo, bei dem Du Dich wohlfühlst. Du wirst mit der Zeit merken, wie Du immer schneller wirst. Suche Dir aus den vier Noten alle möglichen Kombinationen heraus und spiele die Läufe immer einmal von oben und einmal von unten.
Probiere die Läufe in verschiedenen Tonarten mit den jeweiligen Vorzeichen zu spielen und wechsle auch immer wieder zwischen normalen und chromatischen Läufen, also solchen, bei denen Du jeden einzelnen Halbtonschritt spielst. Ziehe jeden Tag ein oder zweimal eines dieser Notenpaare und Du wirst schnell Erfolge sehen.
Sprünge und Intervalle lesen
Natürlich besteht ein Stück nicht nur aus gut zu lesenden Läufen, auch Sprünge oder scheinbar vollkommen unregelmäßige Tonabfolgen gehören durchaus zur Tagesordnung. Manches davon wirst Du schlichtweg mehrfach genau lesen und Dir dann eine Note nach der anderen genau einprägen müssen, das wird nie komplett verschwinden. Häufig finden sich jedoch Muster in solchen Sprüngen und die haben meist etwas mit Intervallen zu tun.
Du erinnerst Dich vielleicht daran, dass Terz, Quinte und Oktave häufig als wohlklingend und harmonisch empfunden werden. Das sind übrigens auch die Intervalle, die man in einem Akkord oder Dreiklang findet.
Aus diesem Grund wirst Du sie auch häufig in Stücken finden und die Augen danach offenzuhalten, kann Dir das Verständnis der Noten und ihrer Zusammenhänge erleichtern, vor allem aber das Lesen mit der Zeit immer sicherer und schneller machen.
Intervalle üben
Das Erkennen von Intervallen lässt sich leider nicht ganz so einfach üben wie das von Läufen oder einzelnen Noten. Eine Strategie, die ich jedoch für sehr sinnvoll erachte, ist das Markieren bestimmter Intervalle in Stücken, die man vorher noch nie gelesen hat.
Suche Dir also einige Stücke heraus, die Du noch nicht kennst, und lege Dir einen Stift bereit. Nun gehst Du das Lied durch und achtest immer auf die Abstände zwischen zwei benachbarten Noten. Markiere zunächst einmal alle Terzen, die Du hier findest, und dann alle Quinten. Jedes Mal, wenn Du ein solches Intervall markiert hast, spielst Du beide Noten einmal.
Bist Du damit fertig, kannst Du noch einmal rüberschauen, ob Du nicht noch welche findest. Wenn Du willst, kannst Du auch solche suchen, bei denen noch eine weitere kurze Zwischennote steht, die aber vielleicht nicht so betont ist, wie die anderen beiden.
Mache hiervon zwei Zeilen am Tag und Du wirst schnell merken, wie Du ganz automatisch anfängst diese wichtigen beiden Intervalle zu erkennen und irgendwann auch sofort die richtigen Griffe oder Tasten Deines Instruments im Kopf zu haben.
Spielen, spielen, spielen
All diese Tipps, die ich Dir bisher gezeigt habe, sind in meinen Augen wirklich hilfreiche kleine Tricks, um optimal das Notenlesen zu lernen. Jedoch können diese nicht den wichtigsten und zeitlich aufwändigsten aber gleichzeitig auch spaßigsten Teil des Lernprozesses ersetzen: das Spielen.
Alle Theorie wird nichts bringen, wenn Du nicht auch Dein Instrument in die Hand nimmst und einfach losspielst. Suche Dir Noten von Liedern heraus, die Du gerne spielen möchtest, und dann versuche sie vom Blatt zu spielen. Fang mit ganz leichten Stücken an und dann steigere Dich mit der Zeit. Von vielen Liedern gibt es sogar verschiedene Versionen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Das ist besonders hilfreich, um Deinen Fortschritt zu sehen.
Beherzige zwar die Tipps, die ich Dir gegeben habe, aber versteife Dich nicht zu sehr darauf. Versuche einfach die Stücke direkt vom Blatt zu spielen und nicht zu viel im Vorhinein zu analysieren. Du wirst irgendwann merken, dass Du die Art des Lesens, die ich Dir weiter oben erklärt habe, ganz automatisch so anfängst zu nutzen, wie Du es mithilfe der Übungen trainiert hast.
Was Du sonst noch wissen solltest
Im Prinzip sind wir hiermit am Ende angelangt und Du bist nun mehr als bereit um mit dem Musizieren anzufangen. Ich habe dennoch ein paar weiterführende Themen, die vielleicht interessant sein könnten. Unter anderem erkläre ich Dir zum Beispiel, wie denn jetzt die Verwirrung mit der Note H bzw. B zustande gekommen ist.
Über die Geschichte und Relativität unseres Notensystems
Du solltest immer im Kopf behalten, dass unser Notensystem auf keinen Fall eine Zusammenstellung absoluter und wissenschaftlicher Regeln und Gesetze ist. Mit nur ganz wenigen Ausnahmen ist es wie eine Sprache: ein Medium der Kommunikation, geschaffen um Dinge aufzuschreiben, die eigentlich nicht aufzuschreiben sind.
Es ist eine Annäherung, die möglichst nah an das herankommen soll, was wir hören. Sämtliche Regeln des Komponierens basieren auf Hörgewohnheiten und persönlichen Präferenzen einer gewissen Masse an Menschen. Sie befinden sich in ständigem Wandel und daher ist es in diesem Fall sehr treffend zu sagen, dass Regeln da sind um gebrochen zu werden.
Unser System ist auch bei weitem nicht das einzige. Bereits in der Antike gab es Ansätze Musik aufzuschreiben und über die Jahrhunderte finden sich die unterschiedlichsten Arten und Formen solcher Systeme. Vor allem das Komponieren basiert auch noch heutzutage je nach Kulturkreis auf den unterschiedlichsten Regelwerken und klingt teils vollkommen anders, aber dennoch richtig für jemanden, selbst wenn wir es als eher befremdlich klingend beschreiben würden.
Bleibe also immer offen für andere musikalische Einflüsse und Richtungen, denn diese sind gleichermaßen richtig oder falsch wie unser eigener Ansatz.
Woher kommt denn jetzt diese Verwirrung mit den Noten H und B?
Diese Frage lässt sich nicht mit vollkommener Sicherheit beantworten. Die wahrscheinlichste Erklärung hat allerdings ebenfalls etwas mit der Geschichte zu tun und geht zurück in die Zeit vor der Erfindung des Buchdrucks.
In dieser Zeit wurden Bücher noch von Hand übersetzt und abgeschrieben, in der Regel von Mönchen. Und wenn ein Mönch monatelang jeden Tag Seite für Seite abschreibt, unterlaufen natürlich auch Fehler. In diesem Fall hatte wohl ein solcher Abschreiber eine nicht ganz so saubere Art das kleine b zu schreiben und ließ an der Unterseite immer eine kleine Lücke im Bogen.
Das veranlasste den Übersetzer dann zu der Annahme, dass das gar kein b war, sondern ein h. Er schrieb es dementsprechend als h auf und diese Abschrift wurde zukünftig im deutschen Raum als Vorlage für die weitere Verbreitung genutzt. Die Note wurde hier also als h bekannt und überall dort, wo andere Abschriften genutzt wurden, wurde es weiterhin b genannt.
Warum Musik mehr ist als Noten
Wie schon gesagt, sind Noten nur eine Annäherung, um das festzuhalten, was wir hören. Die eigentliche Musik findet demnach nicht auf dem Blatt Papier vor uns statt, sondern in dem was wir hören und was wir fühlen, wenn wir etwas hören. Sie entfaltet sich erst wirklich in unseren Erinnerungen und Assoziationen und ist nicht auf ein Notenwerk angewiesen.
Versteh mich nicht falsch, Noten sind ein wirklich wertvolles Werkzeug, aber eben auch nicht mehr als das. Die Musik kann auch ohne Noten funktionieren, völlig ohne Plan und nur mit Improvisation. Versuche also, Dich nicht vom Notenwerk einnehmen zu lassen und spiele immer wieder einfach irgendetwas, das Dir gerade in den Kopf kommt.
Lerne zu improvisieren, übe es und erhalte Dir die Freiheit, die eine Musik ohne die einschränkenden Regeln eines festgeschriebenen Notenblatts zu bieten hat. Auf YouTube gibt es für Dein Instrument mit Sicherheit diverse Tutorials, wie Du lernen kannst zu improvisieren, und Ansätze, die Dir den Einstieg erleichtern. Ein Beispiel, wie eine solche freie und ungebunden improvisierte Musik klingen kann, findest Du hier im Video.
FAQ
Sollten noch Fragen offen geblieben sein, schau doch einfach mal in der folgenden Sektion vorbei. Hier habe ich einige häufig gestellte für Dich zusammengesucht und beantwortet.
- Ab welchem Alter kann man mit dem Notenlesen beginnen?
- Mit welchem Medium lerne ich am besten?
- Was bedeuten die Vorzeichen?
- Was bedeutet das C hinter dem Notenschlüssel?
- Was bedeutet die 8 am Notenschlüssel?
- Wo ist das C im Bassschlüssel?
- Was genau ist eigentlich eine Oktave?
- Was bedeutet Oktavieren?
- Was sind transponierende Instrumente?
- Wonach wird im Orchester gestimmt?
Ab welchem Alter kann man mit dem Notenlernen beginnen?
Wie auch mit dem Sprachenlernen gibt es weder ein Mindest-, noch ein Maximalalter. Junge Kinder werden jedoch vermutlich schneller und natürlicher lernen, weshalb es bereits im Kindergarten- und Grundschulalter sinnvoll sein kann mit der musikalischen Bildung zu beginnen. Natürlich altersgemäß mit Spiel und Spaß und wenig Leistungsdruck.
Mit welchem Medium lerne ich am besten?
Das ist individuell unterschiedlich. Allgemein gilt eine Mischform aus verschiedenen Medien als sehr effektiv, also sowohl audiovisuelle Formen, als auch Bücher, Texte und Gespräche. In der Musik ist aber das eigene Umsetzen das effektivste Mittel – ein eigenes Instrument in die Hand zu nehmen und das gelernte sofort praktisch auszuprobieren.
Was bedeuten die Vorzeichen?
Es gibt zwei Vorzeichen: Das # (gesprochen “Kreuz”) und das b. Das Kreuz hebt den Ton, vor dem es steht, um einen Halbton nach oben und das b senkt ihn um einen Halbton ab.
Was bedeutet das C hinter dem Notenschlüssel?
Das C hinter dem Notenschlüssel ist eine andere Schreibweise für den 4/4-Takt. Ein durchgestrichenes C steht für einen 2/4-Takt.
Was bedeutet die 8 am Notenschlüssel?
Die 8 am Notenschlüssel zeigt eine Oktavierung an und wird manchmal bei besonders hohen oder tiefen Instrumenten genutzt. Je nachdem, ob die 8 unter oder über dem Notenschlüssel steht, werden alle Noten also entweder eine Oktave höher oder tiefer gespielt.
Wo ist das C im Bassschlüssel?
Das C im Bassschlüssel befindet sich einen Zwischenraum unter dem C im Violinschlüssel, also zwischen der zweiten und dritten Linie.
Was genau ist eigentlich eine Oktave?
Die Oktave ist ein Intervall aus acht Ganztonschritten. Das besondere ist, dass die Oktave eines Tons wieder der Ton selbst ist. Daher wird der Begriff auch synonym für eine vollständige Tonleiter genutzt.
Was bedeutet Oktavieren?
Oktavieren bedeutet, einen oder mehrere Töne um eine Oktave nach oben oder unten zu verschieben. Harmonisch hat dies keinen Einfluss, da der Ton der gleiche bleibt, lediglich die Oktave wird gewechselt.
Was sind transponierende Instrumente?
Transponierende Instrumente sind solche, deren gespielter Ton nicht der ist, der auch klingt. Das ist meist durch die Bauart des Instruments bedingt. Bei einem Saxophon beispielsweise (Es-Instrument) erklingt beispielsweise der Ton Es, wenn der Spieler ein C greift. Stücke für solche Instrumente müssen entsprechend transponiert werden.
Wonach wird im Orchester gestimmt?
Im Orchester wird nach dem sogenannten Kammerton a der Oboe gestimmt. Dieser Ton ist eines der wenigen Dinge, die in der Musik tatsächlich mathematisch präzise festgelegt sind. Er schwingt mit einer Frequenz von 440 Hz.